Trotz der tragenden Rolle des Sektors entfallen in Deutschland weniger Online-Stellenausschreibungen auf die Automobilbranche als in anderen europäischen Ländern: Im Januar 2019 waren nur 0,23 Prozent der Online-Jobangebote in Deutschland der Automobilindustrie zuzuordnen, im Dezember 2022 waren es immerhin 0,37 Prozent. Das zeigt eine aktuelle Arbeitsmarkt-Analyse von Lightcast.* Zum Vergleich: Auf den Sektor „Gesundheitswesen entfielen im Jahr 2022 mit 1,68 Prozent mehr als viermal so viele Online-Stellenausschreibungen, im Bereich „Bildung“ waren es mit 2,07 Prozent mehr als fünfmal so viele Jobangebote. Spitzenreiter ist mit 4,76 Prozent der Bereich „Öffentliche Verwaltung und Sozialversicherungswesen“.
Obwohl die Automobilindustrie in Deutschland Motor ist für Innovation und Wirtschaftswachstum (rund 25 Prozent aller PKW, die in Europa unterwegs sind, wurden in Deutschland produziert, 15 der 75 weltweit führenden Automobilzulieferer sind deutsche Unternehmen) liegt der Stellenmarkt der deutschen Automobilindustrie im europäischen Vergleich damit gerade einmal auf Rang sechs. In Irland, Frankreich und Großbritannien beispielsweise entfielen zuletzt zwischen rund 0,6 und 1,1 Prozent aller Stellenausschreibungen auf den Automobilsektor, in Spanien waren es sogar fast drei Prozent.**
Insgesamt ist der Bedarf an Fachkräften in den vergangenen drei Jahren in der Automobilindustrie deutlich gestiegen: Während die Branche im Jahr 2019 deutschlandweit noch rund 17.300 Stellen online ausschrieb, waren es 2022 bereits über 81.000 Stellen.
„Angesichts der zentralen Rolle, die die deutsche Automobilindustrie bei der Versorgung der europäischen und globalen Märkte mit Fahrzeugen spielt, könnte man erwarten, dass die Branche in puncto Stellenausschreibungen in Deutschland anteilsmäßig mehr Raum einnimmt“, meint Yvonne Reif, Arbeitsmarktexpertin bei Lightcast. Sie erklärt: „Ursache dafür könnte zum einen sein, dass der Fachkräftemangel in anderen Branchen im Vergleich noch spürbarer ist und daher dort noch mehr Stellen zu besetzen sind. Zum anderen sind viele Stellen in der Automobilbranche im Hinblick auf Reputation und Vergütung sehr attraktiv, weshalb die Fluktuation dort geringer sein könnte als in anderen Branchen.“
Bayern und Baden-Württemberg für Automotive-Fachkräfte am attraktivsten
Weniger überraschend ist die regionale Verteilung der Vakanzen im Markt: Bayern ist deutschlandweit die Region mit dem höchsten Anteil an Online-Vakanzen in der Automobilbranche: 18,84 Prozent aller Stellenausschreibungen der Branche kommen aus dem Freistaat. Weitere 17,38 Prozent kommen aus Baden-Württemberg, auf Niedersachsen entfallen 9,94 Prozent der Automobil-Vakanzen. Am wenigsten aktiv ist die Industrie im Saarland (0,65 Prozent der Stellenangebote), Bremen (0,68 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (0,70 Prozent).
Qualifikation: Technologie-orientiere Fähigkeiten gefragt
Lightcast untersuchte außerdem, welche fachlichen und allgemeinen Fertigkeiten die Automobilindustrie derzeit sucht. Es liegt nahe, dass in einem Sektor, der von Bau und Entwicklung von Fahrzeugen und Bauteilen lebt, mechanische und technische Fähigkeiten ganz oben auf der Liste von Arbeitgebern stehen. Die am häufigsten geforderte Fachkompetenz ist laut Lightcast-Daten Informatik (Computer Science), gefolgt von Maschinenbau (Mechanical Engineering) und Karosseriebau (Body Work). Kenntnisse in Projektmanagement, Mechatronik und Elektronik sind ebenfalls gefragt, Erfahrung in Einkauf, Verkauf und Kommissionierung werden im Vergleich eher seltener benötigt.
Zu den wichtigsten Soft Skills zählen neben Deutsch- und Englischkenntnissen und der Umgang mit MS Office vor allem Kommunikations-, Planungs- und Managementfähigkeit. Kreativität, Präsentations-Skills und Teamwork werden hingegen nur in weniger als fünf Prozent der Stellenangebote gefordert.
„Die deutsche Automobilbranche lebt von ihrer Internationalität, die großen Player sind allesamt multinationale Unternehmen. Lieferketten und Vertrieb basieren auf grenz- und kulturübergreifendem Austausch. Es ist daher naheliegend, dass neben Deutschkenntnissen auch Englisch als Verkehrssprache und Kommunikation im Allgemeinen zu den wichtigsten Soft Skills für Arbeitgeber gehören. Wer zudem ein Händchen für Projektplanung und -management mitbringt, hat im Arbeitsmarkt der Automobilindustrie aktuell gute Karten“, so Reif.
*Über die Methodik der Datenerhebung:
Lightcast sammelt, analysiert und vergleicht via Web-Scraping Stellenausschreibungen von weltweit über 50.000 unterschiedlichen Jobbörsen und Unternehmens-Webseiten. In den Daten für den deutschen Arbeitsmarkt stammen etwa 75 Prozent der Stellenausschreibungen von Stellenbörsen oder Stellensuchmaschinen; etwas mehr als 20 Prozent kommen aus Stellenangeboten der Agentur für Arbeit; und die restlichen knapp 5 Prozent von privaten Arbeitsvermittlungen oder zusätzlichen Quellen, darunter Arbeitgeber-Webseiten.
Für die vorliegende Auswertung hat Lightcast 81.305 Online-Stellenangebote mit Automotive-Bezug aus dem Jahr 2022 (aus insgesamt 20.264.944 Online-Stellenangeboten in ganz Deutschland) analysiert und mit 17.374 Online-Stellenangeboten mit Automotive-Bezug aus dem Jahr 2019 (aus insgesamt 10.376.164 Online-Stellenangebote in ganz Deutschland) verglichen. Dabei verwendet Lightcast eigens entwickelte Algorithmen, um Duplikate (z.B. ein Stellenangebot, das auf mehreren Job-Portalen bzw. Unternehmens-Websites ausgeschrieben ist) auszusortieren und so ein möglichst repräsentatives Ergebnis zu erhalten. Die Daten wurden mit Stellenangeboten aus bzw. für andere(n) europäische(n) Länder(n) verglichen. Für mehr Details zur Methodik der Auswertung kontaktieren Sie uns gerne unter lightcast@schwartzpr.de.
** Ein ähnliches Bild zeigt sich in absoluten Zahlen: Auch hier belegt Deutschland mit rund 81.300 Online-Stellenausschreibungen aus dem Segment Automotive im Jahr 2022 Platz lediglich Platz vier, hinter Spanien (ca. 92.500 Online-Vakanzen), Großbritannien (ca. 127.400) und Frankreich (ca. 161.500).