Malwarebytes Ransomware-Analyse für Deutschland: Black Basta entwickelt Vorliebe für deutsche Ziele

Das Threat-Intelligence-Team von Malwarebytes hat die Aktivitäten von Ransomware-Gruppen in Deutschland zwischen April 2022 bis März 2023 untersucht. Das Ergebnis: Deutschland zählt zu den attraktivsten Zielen für die globale Ransomware-Szene.

San Francisco, Kalifornien, 20.04.2023 /

Das Threat-Intelligence-Team von Malwarebytes hat die Aktivitäten von Ransomware-Gruppen in Deutschland von April 2022 bis März 2023 analysiert und in ihrem länderspezifischen Ransomware-Report veröffentlicht. Das Ergebnis: Deutschland ist ein weltweit bedeutendes Ziel für Ransomware-Angriffe. Im Malwarebytes-Ranking belegt Deutschland mit 114 bekannten Angriffen den vierten Platz – nach den USA mit 1.167 Angriffen, Großbritannien mit 163 Angriffen und Kanada mit 132 Angriffen. Innerhalb der EU ist Deutschland das Land, das am meisten angegriffen wurde. Zudem ist Deutschland das am häufigsten angegriffene Land, in dem Englisch nicht die Amtssprache ist.

Bekannte Ransomware-Angriffe in den zehn am meisten betroffenen Ländern im Zeitraum April 2022 bis März 2023. (Copyright: Malwarebytes)

Ransomware in Relation gesetzt: Angriffe nach BIP und Bevölkerungszahl

Aufgrund der Größe und Beschaffenheit der US-Wirtschaft gibt es in den USA mehr lohnende Ziele für Ransomware-Gruppen als in anderen Ländern. Die Schlussfolgerung, dass Ransomware in erster Linie ein Problem der Vereinigten Staaten ist, ist jedoch falsch. Setzt man die Zahl der Ransomware-Angriffe in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) eines Landes, belegt Kanada mit 66 Angriffen den ersten Platz unter den beliebtesten Zielen von Ransomware-Gruppen, gefolgt von Spanien mit 55 Angriffen und Großbritannien mit 52 Angriffen. Die USA landen in dieser Aufstellung mit 50 Angriffen hingegen auf dem vierten Platz. Deutschland befindet sich auf Platz neun mit 27 Angriffen pro Billion US-Dollar Wirtschaftsleistung.

Die zehn am meisten von Ransomware betroffenen Länder im Zeitraum April 2022 bis März 2023, gelistet nach Angriffsvolumen pro 1 Billion US-Dollar BIP. (Copyright: Malwarebytes)

Da die Größe der Länder stark variiert, lohnt sich neben dem BIP zudem ein Blick auf die Bevölkerungszahl. Auf Basis des Angriffsvolumens pro Kopf weist Deutschland gemeinsam mit Spanien, Frankreich und Italien − und damit mit drei anderen, technologisch vergleichbaren europäischen Ländern − nahezu identische Angriffszahlen auf. Auffällig bleibt dennoch: Auf Basis jeder Berechnungsgrundlage belegen englischsprachige Länder mindestens drei der ersten fünf Plätze.

Die zehn am meisten von Ransomware betroffenen Länder im Zeitraum April 2022 bis März 2023, gelistet nach Angriffsvolumen pro Kopf. (Copyright: Malwarebytes)

„Die Situation in Deutschland ist alles andere als gut zu bewerten, auch wenn die Ausgangslage nicht ganz so kritisch ist wie in anderen, stärker betroffenen Ländern“, fasst Marcelo Rivero, Ransomware-Spezialist bei Malwarebytes, zusammen. „Egal welchen Maßstab wir zu Grunde ziehen: Deutschland bleibt eines der am meisten angegriffenen Länder der Welt und eines der Hauptziele von Ransomware-Gruppen.“

Baubranche ist in Deutschland häufiger betroffen

Betrachtet man die verschiedenen Branchen, ist in Deutschland, wie in den meisten Ländern, der Dienstleistungssektor am stärksten betroffen: 28 Prozent der bekannten Angriffe in den vergangenen zwölf Monaten sind hier zu verzeichnen. Deutschland liegt damit knapp über dem weltweiten Durchschnitt von 25 Prozent.

Andere Branchen werden in Deutschland etwa genau so häufig angegriffen wie beispielsweise in Großbritannien und Frankreich – mit ein paar nennenswerten Ausnahmen. So sind Malwarebytes in den vergangenen zwölf Monaten keine Angriffe auf das deutsche Gesundheitswesen bekannt und auch die Anzahl der Angriffe auf juristische Dienstleistungen ist geringer als in Großbritannien und Frankreich.

Stattdessen scheint die deutsche Baubranche ein beliebteres Ziel zu sein als in den Nachbarländern: Mit zwölf Prozent ist die Zahl der Angriffe hier fast doppelt so hoch wie der weltweite Durchschnitt und deutlich höher als in den USA und Großbritannien (jeweils sieben Prozent) und Frankreich (fünf Prozent).

Bekannte Ransomware-Angriffe pro Branche in Deutschland im Zeitraum April 2022 bis März 2023. (Copyright: Malwarebytes)

LockBit und Black Basta sind am aktivsten

Bei den Ransomware-Gruppen waren LockBit und Black Basta in den letzten zwölf Monaten in Deutschland am aktivsten. Gemeinsam machen die beiden Gruppen 54 Prozent der bekannten Angriffe in Deutschland aus.

Ransomware-Gruppen mit zwei oder mehr bekannten Angriffen in Deutschland im Zeitraum von April 2022 bis März 2023. (Copyright: Malwarebytes)

Angesichts der Tatsache, dass LockBit die mit Abstand am weitesten verbreitete Ransomware weltweit ist, überrascht die Verbreitung in Deutschland nicht. Laut Malwarebytes war die Gruppe allein im letzten Jahr für fast ein Drittel aller bekannten RaaS-Angriffe weltweit verantwortlich. Erst im März 2023 wurde LockBit jedoch − in einer überraschenden Entwicklung − von der Ransomware Cl0p an der Spitze der weltweiten Rangliste abgelöst.

Black Basta scheint es vor allem auf deutsche Ziele abgesehen zu haben. Von April 2022 bis März 2023 war die Gruppe in Deutschland mit 27 bekannten Angriffen für die zweitgrößte Anzahl an Angriffen verantwortlich. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum war die Gruppe für zehn Angriffe in Großbritannien verantwortlich und nur für drei Angriffe in Frankreich.

Black Basta und LockBit waren im vergangenen Jahr zudem die einzigen Ransomware-Gruppen in Deutschland, die mehr als vier Angriffe in einem Monat durchführten.

LockBit- und Black Basta-Ransomware-Angriffe pro Monat in Deutschland im Zeitraum April 2022 bis März 2023. (Copyright: Malwarebytes)

Bekannte Ransomware-Angriffe im Jahr 2022

Im August 2022 meldete der deutsche Halbleiterhersteller Semikron einen Ransomware-Angriff, bei dem Angreifer das Netzwerk verschlüsselten und zwei Terrabyte an Dokumenten erbeuteten. Im selben Monat wurde der Automobilzulieferer Continental von der Ransomware-Gruppe LockBit angegriffen, die nach eigenen Angaben 40 Terrabyte an Daten erbeutete. Das Unternehmen brach die Verhandlungen mit LockBit Ende Oktober 2022 ab, worauf die Angreifer die Daten für 50 Millionen US-Dollar zum Verkauf oder zur Löschung anboten. Im Jahr 2022 stellte dies die höchste bekannte Lösegeldforderung dar und blieb es, bis LockBit Anfang 2023 eine Forderung von 80 Millionen US-Dollar an die britische Royal Mail stellte.

Ein Ransomware-Angriff auf die Regionalzeitung Heilbronner Stimme im Oktober 2022 legte deren Drucksysteme lahm und zwang sie zur Veröffentlichung einer nur sechsseitigen Notausgabe. Der Angriff betraf die gesamte Stimme Mediengruppe, einschließlich der Unternehmen Pressedruck, Echo und RegioMail, wobei auch die Webseite und der E-Paper-Zugang von Echo beeinträchtigt waren. Chefredakteur Uwe-Ralf Heer berichtete, dass eine bekannte Gruppe von Cyberkriminellen die Systeme verschlüsselt und Lösegeldforderungen gestellt habe, machte aber keine weiteren Angaben.

Im November 2022 bekannte sich die Ransomware-Gruppe Vice Society zu einem Angriff auf die Universität Duisburg-Essen (UDE). Die Angreifer erbeuteten verschiedene Arten von Daten, darunter Backup-Archive, Finanzdokumente, Forschungsarbeiten und Informationen von Studierenden. Am 9. Januar 2023 gab die Universität bekannt, dass aufgrund der umfangreichen und komplexen Schäden, die durch den Angriff entstanden waren, die gesamte IT-Infrastruktur der Universität neu aufgebaut werden müsste.

Zusammenfassung

In den vergangenen zwölf Monaten war Deutschland ein wichtiges Ziel für Ransomware-Gruppen weltweit. Mit Blick auf die verschiedenen Sektoren war die Baubranche überdurchschnittlich oft betroffen. Verantwortliche in diesem Bereich sollten sich daher fragen, warum Ransomware-Gruppen, die eine ganze Reihe von Zielen zur Auswahl haben, der Baubranche unverhältnismäßig viel Aufmerksamkeit geschenkt haben.

Die deutsche Baubranche und deutsche Unternehmen generell hatten dabei vor allem mit LockBit und Black Basta zu kämpfen. Black Basta scheint eine generelle Vorliebe für deutsche Ziele aller Art entwickelt zu haben und war nach LockBit die zweitaktivste Ransomware-Gruppe. Zudem verzeichnete die Gruppe im vergangenen Jahr in Deutschland deutlich mehr Angriffe als in Großbritannien oder Frankreich. Das einzige Land, das in den vergangenen zwölf Monaten von mehr Black Basta-Angriffen betroffen war als Deutschland, waren die USA.

Den ausführlichen Ransomware-Report für Deutschland mit weiteren Details von Malwarebytes finden Sie hier. Den globalen Ransomware-Report April 2023 von Malwarebytes finden Sie zudem hier.

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