Der offene Konflikt, der vergangenen Herbst zwischen der äthiopischen Landesregierung und der von der Tigray People´s Liberation Front gestellten Administration der Region Tigray ausbrach, hat bis heute zahlreiche Menschenleben gekostet und zu einer humanitären Notlage der Bevölkerung im Norden des Landes geführt. Da der Zugang in die Krisenregion nach wie vor nicht sicher möglich ist, startet Menschen für Menschen zunächst ein Nothilfeprogramm in der angrenzenden Region Amhara, wohin viele Menschen aus der Krisenregion geflohen sind. Sobald möglich, soll die Nothilfe nach Tigray ausgedehnt werden.
Gegenwärtig halten sich fast 200.000 Flüchtlinge aus North Wollo, Sekota und Afar in der Stadt Dessie auf, darunter viele Frauen und Kinder. Mehr als 6.200 von ihnen sind aktuell in Schulen untergekommen. Die Stiftung Menschen für Menschen hat mit der Verteilung dringend benötigter Güter wie Nahrungsmittel, Speiseöl, Zusatznahrung für stillende Mütter und Kinder, Decken, Matratzen, Desinfektionsmittel, Seife und Schutzmasken begonnen. Die Verteilung erfolgt durch die Regierung, wird aber durchgängig von einem Menschen für Menschen-Team begleitet und überwacht. Die Kosten für diese ersten Hilfsmaßnahmen belaufen sich auf rund 210.000 Euro.
Drei Mitarbeiter von Menschen für Menschen sind zuvor in die Region gereist um sich ein Bild von der aktuellen Lage zu machen. „Wir haben in den leerstehenden Schulen 6.200 geflüchtete Frauen, Kinder und Männer in einem unzumutbaren Zustand vorgefunden. Teilweise sind bis zu 40 Menschen in einem Klassenraum zusammengepfercht. Es fehlte bisher an Lebensmitteln, Matratzen, Decken und Hygieneartikeln. Eines der größten Probleme ist die Wasser- und vor allem die Trinkwasserversorgung. Zudem ist die Gefahr groß, dass sich unter diesen Bedingungen Krankheiten wie Covid-19 und Diarrhoe schnell ausbreiten. Wir sind sehr froh darüber, dass wir nun mit unseren Nothilfemaßnahmen beginnen und so die Situation der Menschen entscheidend verbessern können“, so Yilma Taye, Landesrepräsentant von Menschen für Menschen in Äthiopien.
Der ehemalige Langstreckenläufer, Weltmeister und mehrmaliger Olympiasieger Haile Gebrselassie hat sich in seiner Funktion als Botschafter von Menschen für Menschen dem Team der Organisation angeschlossen und mit ihm gemeinsam die Hilfsgüter an Frauen, Männer und Kinder verteilt. Haile Gebreselassie unterstützt seit vielen Jahren die Arbeit der Organisation und konnte durch seine Anwesenheit den Menschen in ihrer schwierigen Situation Mut machen.
Sobald es die Sicherheitslage erlaubt, sollen die Nothilfeaktivitäten auf die Region Tigray ausgedehnt werden. Menschen für Menschen verfolgt die Nachrichten und Berichte laufend. Aktuell ist der Zugang in die Krisenregion zwar noch nicht sicher möglich, aber die Vorbereitungen laufen bereits. Die aktuellen Projektregionen der Stiftung sind von den Konflikten nicht direkt betroffen, das Team von Menschen für Menschen in Äthiopien kann hier weiter seine wertvolle Arbeit leisten.
Unterstützung gerade in schwierigen Zeiten
Menschen für Menschen arbeitet seit vierzig Jahren in Äthiopien als ethnisch, religiös und politisch neutrale Organisation. Seit Beginn der Tätigkeit in dem Vielvölkerstaat hat das Team immer wieder solche kritischen Phasen erlebt und sich auch und gerade dann weiterhin dafür engagiert, die Menschen auf ihrem Weg in eine selbstbestimmte Zukunft zu begleiten und zu stärken. Gerade in schwierigen Zeiten ist die Unterstützung der Menschen besonders notwendig, denn Perspektiven und wirtschaftliche Chancen sind die beste Prävention gegen die Ausbreitung von radikalem Gedankengut. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Bevölkerung haben wir in den vergangenen Jahren in Äthiopien viel erreicht. Gerade in schwierigen Zeiten, wie wir sie aktuell wieder erleben, brauchen die Menschen dringend unsere Unterstützung. Wenn wir als Mensch für Menschen denken, müssen wir gerade jetzt als Partner bereitstehen“, betont Vorstandssprecher Dr. Sebastian Brandis.