Zum zweiten Mal hatte ich dieses Jahr das Vergnügen, eine deutschsprachige Pressedelegation zum Singles Day am 11.11. nach China zu begleiten. Unser Kunde, die Alibaba Group, hat dieses Mega-Event vor gut zehn Jahren ins Leben gerufen und nennt es heute „Global Shopping Festival“. Inzwischen ist der Tag ein globales Phänomen, das (konkurrierende) amerikanische oder europäische Verkaufsaktionen bei Weitem in den Schatten stellt: Mehr als 1,3 Milliarden Bestellungen im Wert von insgesamt über 38 Milliarden US-Dollar an Warenvolumen wurden am 11.11.2019 binnen 24 Stunden über die Alibaba-Plattformen ausgelöst; der Vorjahresrekord von 30,8 Milliarden war bereits am späten Nachmittag eingestellt.
Ein Festtag auch für hiesige Marken: Deutsche Qualitätsware steht nach wir vor hoch im Kurs beim chinesischen Konsumenten, und so rangiert Deutschland auch in diesem Jahr in den Top Fünf der Länder, die am Singles Day grenzübergreifend nach China verkauft haben.
Zu geringe Aufmerksamkeit hat man als PR-Profi nicht zu befürchten angesichts solcher Ausmaße: Die Welt starrt gebannt auf das, was sich hier abspielt, und die Medien berichten ausführlich. Unser Monitoring-Dienstleister hat in 48 Stunden rund 1000 Treffer verzeichnet. Doch welche Geschichten wollen über die bloßen Rekordmeldungen hinaus erzählt werden? Welcher Aspekt ist für unseren Markt besonders relevant? Vier deutschsprachige Korrespondenten – von Tages- über Wirtschaftspresse bis hin zu TV – hatten wir eingeladen, sich vor Ort ein Bild zu verschaffen.
Der Trend des Livestreamings war einer der Aspekte, den Alibaba dem deutschsprachigen Publikum näherbringen wollte. Chinesische Influencer, so genannte KOLs (Key Opinion Leader), testen, empfehlen und verkaufen hier vor laufender Kamera die verschiedensten Produkte – wie früher beim Teleshopping, nur sehr viel schneller und in Echtzeit: Der Nutzer sieht den Livestream über die Taobao-App, kann Fragen stellen und kommentieren und die angebotenen Produkte natürlich direkt kaufen, ohne auch nur den Stream unterbrechen zu müssen – zu Sonderpreisen, versteht sich.
Alibaba stellt hier die technische Infrastruktur zur Verfügung, doch die eigentlichen Stars sind die KOLs, und so hatten die deutschen Medien vor Ort die Gelegenheit, die Top-Influencerin Viya Huang kennen zu lernen, sie live bei der Arbeit zu beobachten und ihr in einer kurzen Streaming-Pause Fragen stellen. Sie verkauft in ihrem Kanal alles von Kosmetikprodukten über Klimaanlagen bis hin zu Lebensmitteln – einmal hat sie 1000 Kuchen binnen einer Sekunde verkauft, so berichtet sie. Ihr Stream zieht regelmäßig Millionen von Zusehern an: Kurz vor dem 11.11. sahen 13 Millionen zu, wie sie zusammen mit Kim Kardashian deren neuestes Parfum vorstellte.
Alibaba hatte für alle geladenen Medien ein umfangreiches, zweitägiges Programm arrangiert. So stand neben Viyas Livestreaming-Studio auch ein Besuch in einem stationären Kaufhaus der Marke „Intime“ auf dem Programm. Sie ist mit ihren hunderten von Filialen in ganz China – und natürlich ihrer App – an das Alibaba-Ökosystem angeschlossen und nutzt dessen Prozesse, um sich konsequent zu digitalisieren – ganz im Sinne von Alibabas „New Retail“-Gedanken, also dem Konzept der Verschmelzung von Off- und Online-Einkaufserlebnis.
Dreh- und Angelpunkt des 11.11. aber war der Alibaba-Campus in Hangzhou. Im dortigen Mediacenter tummelten sich hunderte von Journalisten aus aller Welt und verfolgten 24 Stunden lang, wie die Umsätze ins Unermessliche wuchsen. CNBC zum Beispiel sendete stündliche Live-Updates.
Meine Aufgabe bestand nun während der zwei Tage vornehmlich darin, „meinen“ Korrespondenten – also den deutschsprachigen – vor Ort so viele relevante Informationen wie möglich zu verschaffen. Interviews mit Alibaba-Präsident Mike Evans und CMO Chris Tung, Hintergrundgespräche mit externe Experten, Filmaufnahmen auf dem hochmodernen Campus, Pressekonferenzen, Präsentationen von Marken wie Nestlé oder L’Oreal, ein Besuch in Alibabas Hotel „Flyzoo“, welches quasi ohne menschliche Servicekräfte auskommt (inklusive einem Roboter, der nicht nur Speisen ausliefert, sondern auch Cocktails mixt) und vieles mehr – nie sonst haben wir die Möglichkeit, so tiefe Einblicke ins Alibaba-Universum zu geben wie zu 11/11.
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Die Berichterstattung, die daraus resultiert, kann sich zwar sehen lassen – ist aber nur ein Grund, warum dieser Anlass für uns als PR-Team der wichtigste im ganzen Jahr ist. Vor allem pflegen wir persönliche Kontakte. Die sind nämlich, auch in Zeiten von Livestreaming und Cocktailrobotern, noch immer der wichtigste Teil unserer Arbeit als Kommunikatoren.
Von Julia Rauch